Bienenvolk - Organisation im Bienenstaat

Was auf den ersten Blick wie ein heilloses Durcheinander wirkt, ist in Wahrheit ein durchorganisierter "Superorganismus" mit einer ganz eigenen, kollektiven Intelligenz - und verschiedenen Persönlichkeiten. Alle Mitglieder des Volkes, ob Königin, Arbeiterinnen oder Drohnen, verfolgen das gleiche Ziel: das Überleben des Volkes und seiner Nachkommen zu sichern. Damit sie dieses Ziel erreichen, gibt es unter den Honigbienen eine klare Rollenverteilung. 


 Die Königin 

Die Bienenkönigin, auch Weisel oder Stockmutter genannt, ist das einzige geschlechtsreife weibliche Tier im Volk der Honigbienen. Ihr Hinterleib ist im Vergleich zu den Arbeiterinnen und Drohnen deutlich länger und nimmt im Laufe des Lebens geringfügig an Volumen zu. Die Funktion der Königin besteht im Legen von Eiern und der pheromonellen Steuerung des Stocklebens zum Erhalt des Bienenlebens. Wie die Arbeiterinnen hat die Königin zwar auch einen Stachel, setzt diesen aber nur zum Töten von Rivalinnen ein.
Bienenköniginnen entstehen entweder, weil sich das Bienenvolk über das Schwärmevermehren teilt, oder weil die bisherige Königin durch Tod oder aus Altersgründen ersetzt wird. Letzteres wird dann Nachschaffung genannt. 

Die Entwicklung erfolgt, wie auch die der Arbeiterinnen, aus befruchteten Eiern. Im Gegensatz zu den Larven der Arbeiterinnen werden Königinnen aber über die gesamte Dauer des Larvenstadiums mit einem von den Ammenbienen in speziellen Kopfdrüsen erzeugten Futtersaft, dem Gelée Royale ernährt und in eigenen, senkrecht (statt waagrecht) ausgerichteten Weiselzellen aufgezogen. Die Entscheidung zur Produktion mehrerer neuer Weiseln wird von den Arbeitsbienen getroffen, sofern die Konzentration bestimmter Pheromone einen bestimmten Grenzwert unterschreitet. Ist die erste Königin nach ca. 16 Tagen geschlüpft, setzt diese ihren Stachel ein einziges Mal ein, um Rivalinnen zu töten - schliesslich darf es in einem Bienenstaat immer nur eine Königin geben. 

Junge Königinnen fliegen im Alter von ein bis zwei Wochen einmal oder auch mehrfach zur Paarung mit insgesamt bis zu 12 Drohnen aus. Bei diesen Hochzeitsflügen an sogenannten Drohnensammelplätzen nehmen sie den Samen der Drohnen in ihrer Samenblase auf. Die Samenblase nimmt bis zu 10 Millionen Spermien auf und reicht für eine Lebenszeit von bis zu fünf Jahren. Das war's auch schon mit dem Liebesleben und dem Abenteuer, denn ab jetzt tut die Königin nichts anderes mehr als tagaus tagein Eier legen, bis zu 2000 Eier täglich. Sie schaut genau in jede Zelle, ob sie auch von der Putzkolonne ordentlich saubergemacht worden ist. In die Zelle schiebt sie ihren Hinterleib, befruchtet in diesem Moment ein Ei und legt es hinein. Um die Pflege und Ernährung von Ei und Larve kümmern sich dann die Arbeiterinnen. 

Die Königin ist ständig vom Hofstaat umgeben, wird ständig gefüttert, beleckt und gewärmt - denn sie ist die Überlebensversicherung des ganzen Volkes. Dabei sendet sie ständig hormonelle Botschaften aus, die sich im ganzen Volk verteilen und allen Bienen signalisieren: Ich bin da, mir geht es gut, macht euch keine Sorgen um die Zukunft...!

Wenn nach rund drei Jahren ihre Kräfte weniger werden, wenn ihr Eier- und Spermienvorrat langsam zur Neige geht, dann kommt Unruhe auf im Bienenstock. Die Bienen werden nervös und merken: es muss eine neue junge Königin her!  Dann beginnt der Zyklus von neuem.

Aus unterschiedlichen Gründen, insbesondere zur Altersbestimmung und der schnellen Identifikation im Bienenstock, markieren Imker ihre Königinnen mit einem aufgeklebten Opalith-Farbplättchen, Zeichenfarbe oder Zeichenstift auf dem Rückenpanzer. Die Jahresfarben sind international einheitlich und wiederholen sich alle fünf Jahre in der gleichen Reihenfolge, beginnend mit der Farbe Weiss, dann Gelb, Rot, Grün und Blau.


Die Arbeiterinnen

Der weitaus größte Teil der Bienen in einem Stock sind die Arbeiterinnen. Diese unfruchtbaren Weibchen werden nur anfangs mit Gelée Royale gefüttert, später dann mit Honig, Nektar oder Pollen und ein wenig Wasser. Nach 21 Tagen schlüpft die fertige Arbeiterin samt Giftstachel  aus der Wachszelle und kann nun ihrem Namen sprichwörtlich gerecht werden: arbeiten bis zum Umfallen! / fleissig wie die Biene!


Nach dem Schlüpfen säubert sie als erstes die Wabenzellen. Ab einem Alter von etwa 6 Tagen ist sie für die Fütterung der Larven und der Königin zuständig und nach ein paar weiteren Tagen hilft sie beim Bau der Bienenwaben. Danach wird die Biene als Wächterin für die Verteidigung des Bienenstocks eingesetzt, und schliesslich verbringt sie ihr restliches Leben als Sammlerin von Nektar, Pollen und Wasser und auch als Honigproduzentin. Im Sommer geborene Arbeitsbienen leben gerade mal 4-8 Wochen - ein kurzes und anstrengendes Leben. Bienen, die im September geboren werden (Winterbienen), müssen während des Winters weniger arbeiten und leben aufgrund grösserer Energiereserven im Körper etwa 6 Monate lang. 


Die Drohnen 

Die männlichen Bienen haben – nicht nur weil sie in deutlicher Minderheit sind – einen sehr schweren Stand im Bienenstaat. Sie schlüpfen im Frühsommer nach 24 Tagen aus von der Königin gelegten Eiern, die unbefruchtet sind. Wissenschaftler nennen diese Art von Fortpflanzung "Jungfernzeugung", da die Nachkommen "ohne Vater" entstehen. Nach ihrer Aufzucht im Frühjahr besteht die einzige Lebensaufgabe der Drohnen darin, eine Königin zu befruchten. Dazu werden sie von den Arbeiterinnen gefüttert, bis sie nach etwa 10-14 Tagen geschlechtsreif sind. Dann verlassen sie den Bienenstock, paaren sich mit den jungen Bienenköniginnen auf deren Hochzeitsflug und sterben danach. Drohnen, die zu Beginn des Herbstes noch leben, werden von den Arbeiterinnen bei der sogenannten "Drohnenschlacht" von den Arbeiterinnen aus dem Bienenstock herausgejagt und sterben ebenfalls.